Spielen die Gegner von Borussia Dortmund zu brutal? Das Derby des BVB gegen Schalke zeigte, wie Härte im Fußball funktionieren sollte. Auch das Verdienst von Schiedsrichter Felix Brych. Alles Wichtige zum Spiel.

Ausgangslage: In der Tabelle der Bundesliga hatte der BVB vor dem Spiel doppelt so viele Punkte wie Schalke 04. Aber der Trend sprach eine andere Sprache: In den jüngsten drei Bundesligaspielen hatte Schalke sieben Punkte geholt, Dortmund nur zwei. Spannend war auch die Frage, ob die Gäste das Erfolgsrezept von RB Leipzig und Bayer Leverkusen kopieren würden. Beide hatten mit aggressivem Angriffspressing gegen Dortmund gewonnen.


Die Startaufstellungen:
Borussia Dortmund: Bürki - Piszczek, Sokratis, Ginter, Passlack - Weigl - Pulisic, Kagawa, Götze, Dembélé - Aubameyang.
Schalke: Fährmann - Höwedes, Naldo, Nastasic - Geis - Schöpf, Goretzka, Bentaleb, Kolasinac - di Santo, Meyer.

Das Ergebnis: 0:0. Hier geht es zum Spielbericht.

Die erste Hälfte: Ging klar an Schalke. Denn Borussia Dortmund gab nicht einen einzigen Torschuss ab. Das war dem BVB vor eigenen Fans noch nie passiert in einer Bundesligahalbzeit. Und damit nicht genug: Schalkes Taktik beschränkte sich nicht aufs Verhindern. Selbst kamen die Gäste nämlich zu vier Torschüssen. Franco di Santo wurde zweimal im letzten Moment an aussichtsreichen Abschlüssen gehindert.


Unterschied zwischen einer Kindertagesstätte und der Fußballfanszene: In der Kita wird kein Bier ausgeschenkt. Ansonsten ähneln sich beide Sozialsysteme, vor allem was das Niveau der Auseinandersetzungen angeht. Dortmunder Fans auf der Südtribüne präsentierten während der ersten Hälfte Schalker Fanbanner, die sie zuvor irgendwo "erbeutet" hatten. Das ist weder lustig noch sympathisch und es kann eskalierend wirken. Und das ist in diesem Rahmen deutlich unverzeihlicher als bei den Kids.

Die zweite Hälfte: Dortmund wurde besser. Deutlich besser. Das lag an mehreren Faktoren. Dazu gleich mehr. Vor allem aber gab es jetzt deutlich brisantere Szenen vor dem Schalker Tor. Und davon gleich vier: Benedikt Höwedes bekam den Ball auf der Strafraumlinie von Ousmane Dembélé an die Hand geschossen, aufgrund der kurzen Distanz ließ Schiedsrichter Felix Brych weiter spielen. Dembélé traf wenig später aus wenigen Metern nach einer Kopfballverlängerung von Christian Pulisic die Latte. Sead Kolasinac grätschte auf der Torlinie ohne Rücksicht auf den Erhalt des Planeten den Ball und Pulisic um und rettete so ebenso tollkühn wie beeindruckend zur Ecke. Und Mario Götze scheiterte nach Doppelpass mit Dembélé an Ralf Fährmann.

Erster Kippfaktor des Spiels: Schalkes Arbeit "gegen den Ball", wie man im Fußball gerne sagt, war über weite Strecken des Spiels exzellent. Der BVB hatte zwar wesentlich mehr Ballbesitz, aber Schalke verhinderte, dass die Dortmunder daraus Chancen ableiten konnten. Das Problem bei diesem Ansatz: Er ist sehr kraftraubend. Das merkte man zum Beispiel Franco di Santo an. Der Schalker Stürmer war vor der Pause ein Hauptgrund dafür, dass Julian Weigl auf Dortmunder Seite kaum ins Spiel kam. Als Di Santo müde und durch Eric-Maxim Choupo-Moting ersetzt wurde, bekamen Weigl und Dortmund mehr Zeit und Raum für ihr Spiel. Ohnehin wurde Schalke müder und stand immer tiefer.

Zweiter Kippfaktor des Spiels: In der 71. Minute kam Raphael Guerreiro für Felix Passlack ins Spiel. Es war der erste Einsatz des Portugiesen seit vier Wochen. In den verbleibenden 19 Minuten zeigte Guerreiro, warum er so vermisst worden war. Mit großer Dynamik lief er Räume zu und trieb das Spiel über die linke Seite an. Nach jetzigem Stand ist er vielleicht der Spieler, auf den Borussia Dortmund am wenigsten verzichten kann.

Hart. Aber gerecht: Was dem Derby in der ersten Hälfte an Torchancen fehlte, das machte es mit Zweikämpfen wett. Naturgemäß war die Empörung über deren Sanktionierung durch Schiedsrichter Brych je nach Blickwinkel der Fans groß. Alles in allem aber leitete Brych das Spiel mit Augenmaß. Auch wenn manche Beobachter sich eine frühere Bestrafung von Schalkes hoch motiviertem Linksverteidiger Sead Kolasinac gewünscht hätten.


Sky-Kommentator Wolff Fuss prophezeite angesichts der Zweikampfführung Platzverweise. Das ist auch deshalb interessant, weil sich Thomas Tuchel jüngst darüber beschwert hatte, dass die Gegner seiner Mannschaft unzulässig hart spielten. Tatsächlich aber sorgten die Entscheidungen von Brych dafür, dass sich ein intensives, kampfbetontes Derby entwickeln konnte, in dem die Spieler aber auch wussten, wo die Grenzen des Tolerierbaren lagen. So sollte es sein.

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